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Nur Online PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 07/2024

Erklärung der NPA zum 1.Wahlgang der Parlamentswahlen in Frankreich

Diese Parlamentswahlen bestätigen auf erschreckende Weise die Gefahr, die von der extremen Rechten ausgeht, die historisch hohe Ergebnisse erzielt. Sie sind das Ergebnis einer Kombination aus der Zunahme von Nationalismus und Rassismus in bestimmten Bevölkerungsgruppen, der zunehmenden Unterstützung der herrschenden Klassen wie auch von einem Teil der Medien für die extreme Rechte, und dem Zusammenbruch der rechten Mitte (Macronisten und Die Republikaner), deren Politik die Bevölkerung anwidert. Mit der Übernahme der Regierungsmacht durch den Rassemblement National (RN) und seinen Verbündeten und Unterstützern wächst die Gefahr eines Neofaschismus in Frankreich nochmal.

Die gute Nachricht dieses Wahlkampfes ist das Aufbäumen der Linken. Ihre beachtlichen Ergebnisse verdanken sich der Einheit ihrer politischen, assoziativen und gewerkschaftlichen Kräfte, die Hunderttausende von Menschen zu Demonstrationen und zu den Urnen geführt haben. Diese Einheit darf man nicht rot anmalen, nicht vergessen, wer die Verantwortung für die liberale Politik von Regierungen, die sich als links bezeichneten, trägt – von Mitterrand bis Hollande – und für die
Desorientierung und Wut der Volksklassen, die diese erlitten haben.

Die Einheit verdankt sich der Dringlichkeit, aber auch der Forderung nach der Umsetzung des Programms der Neuen Volksfront. Aber in dieser Phase ist sie noch nicht stark genug, um den gefährlichen Druck der extremen Rechten, die verleumderischen Beschuldigungen des Antisemitismus und des Terrorismus, die falsche und beleidigende Symmetrie, die die Macronisten zwischen den "Extremen" herstellen, aber auch die aus den sozialen Niederlagen resultierenden Zweifel an der Stärke der Einheit der Linken, die durch die internen Konflikten der letzten Wochen verstärkt wurden, zu parieren.

Um die extreme Rechte zurückzudrängen und in der Situation der tiefen Krise des Kapitalismus eine kämpferische Linke aufzubauen, muss die Aktionseinheit der gesamten Linken gestärkt werden. Von der Basis bis zur Spitze gilt es, zusammenzustehen und Seite an Seite kämpfen: demonstrieren gegen
die extreme Rechte und sich gegen die Angriffe faschistischer Gruppen verteidigen, Widerstand gegen antisoziale, diskriminierende oder autoritäre Maßnahmen leisten, gegen polizeiliche und rassistische Gewalt, gegen sexistische und sexuelle Gewalt, für die Erhöhung der Löhne und Gehälter und der Sozialleistungen, für die Rückkehr zur Rente mit 60 bei vollem Rentenanspruch, für die internationalistische und antikoloniale Solidarität mit Palästina, der Ukraine oder Kanaky und ganz allgemein mit allen Völkern, die Opfer des französischen Imperialismus sind.

Nur wenn wir alle zusammen aufstehen, um die Machtverhältnisse zu ändern, können wir das Leben verändern.

Die NPA-L'Anticapitaliste ruft alle Organisationen auf der Linken in Politik, Gewerkschaften, Bewegungen auf – angefangen bei den politischen Kräften, die die Neue Volksfront bilden – sich so schnell wie möglich auf lokaler wie nationaler Ebene zu treffen, um gemeinsame Aktionen durchzuführen, wo immer es möglich ist – vor und nach den Wahlen, an den Wahlurnen wie in den Kämpfen. Die Stärkung der Linken in der Aktion ist der Weg, um das Vertrauen der in ihre eigene Kraft wieder herzustellen.
In den nächsten Tagen brauchen wir einen Ausbruch der Bevölkerung gegen den gefährlichen Aufschwung der extremen Rechten, wir müssen möglichst massive Mobilisierungen und Straßendemonstrationen aufbauen.

In Bezug auf die zweite Runde der Parlamentswahlen am kommenden Sonntag wissen wir, dass wir unabhängig von ihrem Ausgang einen starken Block der sozialen und politischen Linken brauchen, um Widerstand zu leisten. Überall dort, wo die Bedingungen gegeben sind, müssen wir alles tun, um den Kandidat:innen der Neuen Volksfront und ihrer Verbündeten zum Sieg zu verhelfen.
Die wichtigste Herausforderung für den zweiten Wahlgang besteht weiterhin darin zu verhindern, dass die extreme Rechte in wenigen Tagen an die Macht gelangt. Das ist das Hauptziel unseres sozialen Lagern. Wir wissen, dass die Politik der Rechten, insbesondere der Macronismus an der Macht, wesentlich dazu beigetragen hat, dem RN den Weg zu ebnen, indem sie einen Teil seiner Forderungen erfüllt und dazu beigetragen hat, ihm Legitimität zu verleihen. Während sie gleichzeitig immer größere Teile der Linken angreift.
Zwischen zwei Gefahren, die uns drohen, müssen wir jedoch zunächst alles tun, um die größere und unmittelbarere zu beseitigen.

Am kommenden Sonntag wird es angesichts der unmittelbaren Interessen der Bevölkerungsgruppen mit Migrationshintergrund, der gesamten Arbeitswelt, der Notwendigkeit der Verteidigung der Rechte und der demokratischen Freiheiten zwingend notwendig sein, den RN, sein Verbündeten und Unterstützer zu schlagen – am besten mit einem guten Ergebnis für die Linke.
Über den zweiten Wahlgang hinaus muss das, was mit dieser Kampagne an geeinter und kämpferischer Linken aufgebaut wurde fortbestehen: das Programm des Bruchs muss bestätigt werden, die Mobilisierungen, die mehr denn je notwendig sind, müssen es der größten Zahl von Menschen ermöglichen, sich weiterhin in organisierter Form über die Wahlen hinaus, an der Wiederbelebung einer
echten kämpferischen Linken zu beteiligen.

Die Verantwortung der Neuen Volksfront und aller gewerkschaftlichen und sonstigen kämpferischen Organisationen in der kommenden Zeit ist enorm: Aufbau von Kollektiven, die breitesten einheitlichen Mobilisierungen gegen die extreme Rechte und den Macronismus (falls dieser die Wahlen überlebt), für die Forderungen der Arbeiterklasse und die Durchsetzung der Maßnahmen des Programms der NFP. Den RN an den Wahlurnen und auf der Straße schlagen, den Weg für den sozialen Fortschritt, für die Rettung des Planeten, für eine andere Gesellschaft ebnen!

Montreuil, den 30. Juni 2024

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