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PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 10/2024

Sparen? Arbeitszeitverkürzung und Verkehrswende!
von Thorsten Donnermeier

Wir dokumentieren die Rede des IGM-Vertrauensmanns auf der Betriebsversammlung im VW-Werk Kassel-Baunatal am 8.September vor 7000 Kolleg:innen. Anders als das VW-Vorstandsmitglied Thomas Schmall wurde er nicht ausgepfiffen, sondern erhielt Zustimmung und Beifall.

Entsetzen, Schockstarre und Wut haben die Meldung ausgelöst, dass die Beschäftigungssicherung nicht verlängert werden soll.
Noch schlimmer, von Werksschließung ist die Rede. Nicht mehr wettbewerbsfähig, heißt es da. Die Lösungsvorschläge sind immer die gleichen. Mantraartig hören wir immer wieder die gleiche Schallplatte: Kosten runter, Produktivität hoch.
Kolleginnen und Kollegen: Das mit den Kosten senken, gilt nur für uns und nicht für unseren Chef, Oliver Blume. 10 Millionen bekommt er im Jahr. Damit hat er die Gehaltsschallmauer durchbrochen. Kolleginnen und Kollegen: Wie viele Leiharbeiter kann man mit dem Geld beschäftigen? Rechnet es euch selbst aus. Es sind viele Existenzen, die man damit retten könnte. 10 Millionen Gehalt, da ist Sparpotential, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Herr Schmall, wie viel Geld bekommen Sie von VW? Lassen Sie uns gemeinsam schauen, wie viel Sparpotential es da gibt.
Produktivität und Beschäftigungssicherung halten sich die Waage. Wurde uns versprochen.
Jetzt soll uns die Beschäftigungssicherung gekündigt werden, genau zu dem Zeitpunkt, wo wir sie brauchen.
Kolleginnen und Kollegen, so wie ich euch alle hier sehe, ist klar: Das wird sich diese Belegschaft nicht gefallen lassen. Wir kämpfen gemeinsam um jeden Arbeitsplatz. Aktuell befinden wir uns vor Tarifverhandlungen. Die Forderungen sind bekannt. Es gibt berechtigte Angst, dass man uns ans Geld will. Der Lohnkostenanteil am Pkw beträgt im Schnitt ungefähr 16–18 Prozent, so die Schätzungen.
Kolleginnen und Kollegen, an diesen Zahlen wird deutlich, selbst wenn wir auf die Hälfte unserer Löhne verzichten würden, werden uns die Autos trotzdem nicht aus den Händen gerissen. Lohnverzicht schafft keine Arbeitsplätze. Arbeitszeitverkürzung schafft und sichert Arbeitsplätze. Da braucht man nur in die Geschichte der Arbeiterbewegung zu schauen.
Kolleginnen und Kollegen, wir sind nicht allein mit der Bedrohung. Man braucht nur die Zeitung aufzuschlagen: Audi Brüssel steht unter Druck. Werksschließung bei Ford Saarlouis. Von ZF bis Bosch, von BMW bis Stellantis in den USA: Wo man hinsieht in der Metall und Automobilindustrie, egal ob Verbrenner oder E-Mobilität: Arbeitsplatzabbau auf Teufel komm raus.
Die ersten Belegschaften nehmen das nicht mehr hin. In Italien nähe Florenz hat sich eine Belegschaft entschieden die Fabrik zu besetzen und die Dinge selbst in die Hand zu nehmen und sich einer Werkschließung entgegen zu stellen. Statt Teile für Verbrenner oder E-Mobilität zu fertigen, sollen dort Solarpanels und Lastenfahrräder gebaut werden. So wollen das die Kolleginnen und Kollegen dort.
Zukunftsfähige Arbeitsplätze gibt es nur mit zukunftsfähigen Produkten. Natürlich rückt da die Produktion von öffentlichen Verkehrsmitteln und Schienenfahrzeuge in das Blickfeld. Die Vernunft spricht dafür. Eine Diskussion, die auch wir hier in Zeiten der automobilen Überproduktion führen müssen, wenn wir nicht völlig in die Knie gehen wollen.
Maßnahmen vom Werksmanagement wie Werksschließung, Personalabbau, Befristungen nicht zu verlängern, bringt Not und Elend. Egal unter welchen Firmenlogo wir arbeiten, ob befristet, Leiharbeiter oder Stammbelegschaft. Wir stehen alle gemeinsam turbulenten Zeiten gegenüber. Haltet zusammen. Ohne uns dreht sich kein Rad. Wir sind das Werk.

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