Beiträge zur linken Debatte
von Manuel Kellner
Erkämpft das Menschenrecht! Für Frieden, Antifaschismus, Internationalismus und Kultur. Hrsg. Sevim Dagdelen, Annette Groth, Norman Paech. Köln: Papyrossa, 2024. 163 S., 16 Euro
Die in diesem Buch versammelten Beiträge gehen zurück auf ein Symposium vom 7.Oktober 2023 zum 85.Geburtstag von Norman Paech.
Den Abschluss des Buches bildet ein Zeitdokument, eine Auftragsarbeit von Norman Paech von 1969 für den damaligen SPD-Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Erhard Eppler. Der war gar nicht zufrieden mit dem Text – allzu deutlich hatte Norman Paech die grundsätzliche Kritik an der zutiefst ungerechten und ausbeuterischen kapitalistischen Weltordnung artikuliert – da blieb kaum Raum für pragmatisches Flickwerk an der »Entwicklungshilfe«, was Eppler sich eher erwartet hatte.
Mit diesem abschließenden Kapitel ist der Bogen weit gespannt. Ebenso deutlich wird die Grundhaltung der Autorinnen und Autoren durch das Motto »Erkämpft das Menschenrecht!« aus der deutschen Version der »Internationale«. Wenn auch das BSW, als dessen prominentes Mitglied die Mitherausgeberin Sevim Dagdelen im Buch präsentiert wird, ein Profil eher jenseits der Zuordnungen von »links« und »rechts« zu entwickeln sucht, ist die Tradition, in der die Beiträge hier stehen, doch eindeutig links, kapitalismuskritisch, dem Anspruch nach internationalistisch, gegen Nationalismus und gegen die Vorherrschaft der führenden kapitalistischen (imperialistischen) Industriestaaten gerichtet.
Kuba
Nach dem Vorwort der Herausgeber:innen, in dem die Fragen von Krieg und Frieden eine wichtige Rolle spielen, folgen zwei in herzlichem Ton gehaltene Grußworte, das erste von Juana Martínez González, der Botschafterin der Republik Kuba, das zweite von Fernando González Llort vom Kubanischen Institut für Völkerfreundschaft (ICAP). Beide bedanken sich für das Engagement von Norman Paech in der Kuba-Solidarität.
Diese spielt in den folgenden Beiträgen denn auch eine wichtige Rolle. Der Einsatz von kubanischen Brigaden für medizinische Hilfe in armen und abhängig gehaltenen Ländern wie in Afrika wird als herausragendes Beispiel für internationalistische Politik genannt. Die Politik der Blockade und die heftigen Anfeindungen seitens der USA und anderer Westmächte werden sehr zurecht angeprangert. Solidarisch formulierte Kritik an der Existenz politischer Gefangener, an der Abwesenheit sozialistischer Demokratie sucht man vergeblich. Es entsteht so ein bisschen der Eindruck, dass die kleine Zuckerinsel als Surrogat für die untergegangene Sowjetunion dient – als brauche man ein Leuchtfeuer des »Sozialismus«, eine Staatsmacht, an die man sich klammern kann…
Der Ukrainekrieg
Von den zahlreichen behandelten Themen möchte ich eines herausgreifen, das mir besonders kribbelig erscheint, nämlich den Beitrag von Sevim Dagdelen unter der Überschrift »Die NATO – Militärpakt der Mythen und des Krieges.« Tatsächlich zeigt die Autorin sehr triftig auf, dass das Selbstverständnis der NATO als »Verteidigungsbündnis« keiner Prüfung standhält. Einsätze unter verschiedenen Etiketten und Führung der USA wie gegen Jugoslawien, den Irak oder Afghanistan können schwerlich als »Verteidigungskriege« charakterisiert werden, ebenso wenig die kriegerischen Interventionen zwecks »regime change« wie in Libyen 2011.
Auch das Selbstverständnis der NATO als Gemeinschaft von Demokratien und Förderin der Rechtstaatlichkeit steht auf wackligen Füßen, denn eine Reihe von Mitgliedstaaten wurde oder wird höchst autoritär regiert. Zudem schränkt die unangefochtene Hegemonie der USA die Souveränität der anderen Bündnispartner ein.
Außerdem expandiert die NATO, kreist die Russische Föderation ein – wobei Dagdelen den Grund nicht nennt, warum die Bevölkerungen in Osteuropa oder von Ländern wie Schweden oder Finnland unter dem Dach der NATO leben wollen. Natürlich hängt das mit der aggressiven Politik der Russischen Föderation zusammen, die unter Putin danach strebt, ihre verlorenen Einflusssphären zurückzugewinnen.
Sevim Dagdelen wirkt unglaubwürdig, wenn sie den Ukrainekrieg fast so darstellt, als sei der Westen der Aggressor, der die Ukrainer einen Stellvertreterkrieg führen lasse. Natürlich wäre die Ukraine ohne die westlichen Waffenlieferungen weitgehend wehrlos. Aber immerhin ist sie Opfer eines Angriffs- und Eroberungskriegs. Auch die Aussage von den Aggressionen der USA in Syrien überzeugt nicht – die US-Einsätze richten sich ja gegen den IS, in Zusammenarbeit mit den kurdischen Selbstverteidigungskräften.
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