von Hans Peiffer
Fritz Rück wurde in eine sozialdemokratische Familie hineingeboren. Sein Vater war aktiver Gewerkschafter und Sozialdemokrat, auch die Mutter beteiligte sich an den politischen Aktivitäten. In seinem Geburtshaus befand sich eine Gaststätte, wo Versammlungen des sozialdemokratischen Vereins und der Gewerkschaft stattfanden. Stuttgart war eine linke Hochburg, in der führende Vertreter der SPD-Linken auftraten. Sicherlich wird auch der junge Fritz Rück aufmerksamer Zuhörer gewesen sein, wenn Karl Liebknecht, Paul Levi und Rosa Luxemburg ihre politischen Positionen darlegten.
Mit 14 Jahren tritt er in die Freie Jugendorganisation Stuttgart (FJO) ein. Sie war Teil der Sozialistischen Jugendinternationale. 1909 absolviert er eine vierjährige Schriftsetzerlehre und besucht abends die Gewerbeschule und Buchdruckerfachschule. Von 34 Schülern seiner Klasse war die Hälfte in der FJO. In dieser Organisation wurden die politischen und geistigen Grundlagen für Rücks Entwicklung gelegt. Mit 16 Jahren übernimmt er Funktionen in der Organisation. 1913 erfolgt der Eintritt in die SPD. Sein politisches Bewusstsein festigt sich, er bekämpft die politischen Verhältnisse und wünscht sich eine Welt ohne Ausbeutung und Krieg. Der Verrat der Sozialdemokratie am 4.August 1914 ist für ihn eine tiefe Enttäuschung. Er wird zum radikalen Kriegsgegner und bleibt es Zeit seines Lebens.
Im November 1914 wirkt er an der Erstellung einer illegalen Broschüre mit, es ist sein Einstieg in die Pressearbeit. 1917 wird er Redakteur der neuen linken Zeitung Der Sozialdemokrat. Er beteiligt sich aktiv an der Antikriegsarbeit der Stuttgarter Linken. Aufgrund eines Nierenleidens wird er vom Militärdienst ausgemustert. 1917 wird er verhaftet und vier Monate eingekerkert.
Die süddeutschen Radikalen zögern lange, ehe sie 1917 in die von der SPD abgespaltene USPD eintreten. Die Zeitschrift Der Sozialdemokrat wird zu ihrem Landesorgan. Rück wird zum Redakteur und Landesvorsitzenden gewählt. Die Ereignisse überschlagen sich: In Stuttgart beginnt die Novemberrevolution, eine Woche früher als in Berlin. Auf dem Schlossplatz hält Rück eine Rede, er fordert die sofortige Beendigung des Krieges und die Abschaffung der Monarchie. Er wird Vorsitzender des Arbeiter- und Soldatenrats. Man bietet ihm sogar ein Ministeramt an, aber er lehnt ab.
Als Spartakist wird er Mitglied der neu gegründeten KPD, die russische Revolution hat für ihn Vorbildcharakter. In der Partei ist er journalistisch tätig, tritt als Parteiredner auf, verfasst Artikel und Broschüren, schreibt Gedichte. Zehn Jahre bleibt er Mitglied der KPD. Im Oktober 1931 tritt er in die SAP ein, dort bildet er die Fraktion «Kommunistische Linke», er will die SAP zu einer moskautreuen Partei machen. 1932 endet seine Mitgliedschaft. 1933 rettet er sich vor den Nazis durch Flucht in die Schweiz. Er kommt dort einer Auslieferung nach Nazideutschland zuvor und flieht nach Schweden. Hier baut er sich eine neue Existenz auf, wird Mitglied der schwedischen Sozialdemokratie und heiratet eine Schwedin. Mit ihr und vier Kindern kehrt er nach 17jährigem Exil nach Stuttgart zurück. Er wird Redakteur der Gewerkschaftszeitung Druck und Papier und 1954 Bundesvorsitzender des Touristenvereins «Die Naturfreunde». Auch hier bringt er frischen Wind und linke Positionen ein.
Die Biografie von Elisabeth Benz ist eine sehr ausführliche Arbeit mit umfangreichen Quellenangaben. Sie ist ein lebendiges Stück sozialistischer Arbeiterbewegung und verdient besondere Beachtung, weil sie die Persönlichkeit Fritz Rücks mit den politischen Begebenheiten und den sozialistischen Organisationen verbindet. In seinem Leben bündeln sich die wichtigsten Stationen der wechselvollen Geschichte der ersten Hälfte des 20.Jahrhunderts. Dieses Buch sollte Eingang finden in gewerkschaftliche Bildungsarbeit und politische Schulungen linker Organisationen.
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