Wer kann schon von sich sagen, ein Gedankengang gehöre ihm?

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PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 10/2023

An den Rand notiert
von Rolf Euler

Die Bahn in Deutschland hat eine Menge Probleme. Jahrzehntelang wurde das Netz verkleinert statt verbessert. Jahrzehntelang war es politisch abgesprochen, vorrangig den Autoverkehr zu fördern.
Die Folgen bekommen jene zu spüren, die auf die Bahn angewiesen sind.

In einer längeren Dokumentation kam sehr vieles über den Sender, was für viele Menschen tägliche Erfahrung ist: Zugausfälle, Verspätungen, verpasste Anschlüsse, unangepasster Schienenersatzverkehr, übervolle Züge, verschlossene Toiletten. Da hilft leider die gute Maßnahme des 49-Euro-Tickets nichts, der Mehrbedarf kann vom System Bahn gar nicht aufgenommen werden.
Die Bahn antwortet mit einem Reparaturprogramm, das für längere Zeit zu Komplettstilllegungen von großen Streckenabschnitten führt. So wurde vor kurzem die Strecke zwischen Düsseldorf und Köln teilweise gesperrt, oder zwischen Dülmen (Münsterland) und Wanne-Eickel. Jetzt noch geplant ist die Stilllegung der Strecke Duisburg–Essen. Nächstes Jahr ist die Hauptverbindung zwischen Frankfurt am Main und Mannheim dran, eine Strecke, über die 20 Prozent des Fernbahnverkehrs laufen. Ein halbes Jahr soll dort gar nichts fahren, dafür dann zehn Jahre ohne Einschränkungen. Dieses Konzept sei mit Fachleuten auch aus Österreich und der Schweiz abgesprochen und notwendig, um »schnell« die Infrastruktur zu verbessern: Vollstilllegung statt stückweiser Reparatur an Schienen, Bahnhöfen, Signalen und Stellwerken.
Die Versäumnisse der Vergangenheit, keinen Bahnhofsausbau, keine Ausweichstrecken, Überholgleise, Zusatzstrecken für Güterzugverkehre eingeplant zu haben, werden mit einem Reparaturprogramm aber gar nicht behoben. Und damit sind die Klimaziele der Regierungen auch nicht erreichbar. Bekanntlich ist das Verkehrsministerium dasjenige, das bisher überhaupt nichts zur Verminderung von CO2-Emissionen beigetragen hat.
Hier ein paar Dinge, die schon lange nötig gewesen wären und die allerdings dem Neu- und Ausbau von Autobahnen entgegen stehen:
statt sechs Spuren auf die A1 von Münster nach Bremen und Hamburg zu bringen, bräuchte es parallel eine Güterbahn, die den Lkw-Verkehr aufnehmen kann; statt der Erweiterung der A43 durchs Ruhrgebiet auf sechs Spuren bräuchte es eine Inbetriebnahme der parallelen Bahnstrecke Recklinghausen–Bochum; auf der Nord-Süd-Verbindung Niederlande–Schweiz müssten zusätzliche Gleise gebaut werden; die Bahnstrecke Münster–Dortmund müsste zweigleisig ausgebaut werden; der Schnell- und Nahverkehr muss durch Zubau von Gleisen entflochten werden – und vieles mehr.
Das geht natürlich nicht von heute auf morgen. Aber weil mit diesen Maßnahmen wegen der Reparaturen noch gar nicht angefangen werden kann – unter anderem, weil Fachleute und Bautrupps fehlen –, wird es weiter zu »bahnlosen Zeiten« kommen. Die ICE-Schnellstrecken, der Bahnhofsumbau in Stuttgart binden Milliarden, die dringend woanders für die Klimaziele gebraucht würden. Und der Ausbau der Autobahnen erst recht.

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