Wer kann schon von sich sagen, ein Gedankengang gehöre ihm?

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PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 02/2025

Hamburg: Edition Nautilus, 2024. 328 S., 22 Euro
von Gerhard Klas

Wer kennt noch Eldridge Cleaver? 1968 war er einer der bekanntesten und extremsten Vertreter der Black-Power-Bewegung in den USA. Nach einem siebenjährigen Exil vollzog er eine radikale politische Wendung. Er wandte sich der Religion zu, bezeichnete sich als Antikommunist und wurde Unternehmer. Brogus, ein Universitätsprofessor und Hauptverdächtiger im Kriminalroman von Jake Lamar, ist an diese historische Figur angelehnt.

Im Original ist Das schwarze Chamäleon bereits 2001 erschienen. 1992 erschüttert ein Mord eine Provinzuniversität im US-Bundesstaat Ohio. Im Büro des Professors liegt die Leiche einer weißen Studentin, vergewaltigt und mit seinen Hosenträgern erwürgt. Clay, sein nicht besonders ehrgeiziger Kollege an der Universität, verhilft ihm nach dem Fund der Leiche zur Flucht. In den 60er Jahren hatte Brogus ein Manifest geschrieben, in dem er zum Töten von weißen US-Amerikanern aufforderte. Aber das war der alte Brogus, der neue ist ein völlig anderer, das weiß auch Clay. Denn in seinem jüngsten Buch »An American Salvation« verflucht Brogus nicht nur die Black-Power-Bewegung von damals, sondern diffamiert sogar arme Afroamerikaner als »faule, lahmarschige Parasiten« und preist rechte Politiker wie Ronald Reagan als Vorbild.
Nicht nur für Clay wirft das schwere Fragen auf. Er ist ja keine unbeteiligte Person: Die tote weiße Studentin war seine Geliebte.
Auf der Suche nach dem Mörder taucht der Autor tief in die Geschichte des Rassismus und des Widerstands dagegen ein, angefangen bei den Black Panthers bis hin zu den Debatten um Wokeness und Black Lives Matter.
Mit Ironie und schonungslos gegenüber seiner eigenen Community beschreibt Jake Lamar, wie aus dem Streben der Bewegungen der 60er Jahre nach Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit in den 90ern ein Konkurrenzkampf um Reichtum, Status und Medienpräsenz geworden ist. Außerhalb Frankreichs, wo Lamar als Autor von Noir-Krimis Anerkennung genießt, gilt er als Geheimtipp. Das wird nicht mehr lange so bleiben: Sein Debut hierzulande ist ein Volltreffer – und erhielt Ende 2024 den Deutschen Krimipreis.

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