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PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 11/2013
Obamacare wird in den USA der Rumpf einer Reform des Gesundheitswesens genannt, mit der US-Präsident Obama 2008 in den Wahlkampf gezogen ist, die er nur mit großen Abstrichen hat durchsetzen können und von deren Abschaffung die Republikanische Partei jetzt jede weitere Zustimmung zum Haushalt abhängig macht.

Im Jahr 2010 wurde nach intensiver Reformdiskussion der Patient Protection and Affordable Care Act («Obamacare») verabschiedet. Beginnend ab dem Jahr 2014 wird nun eine Versicherungspflicht für die meisten Einwohner eingeführt. Einkommensschwache Einwohner erhalten einen staatlichen Zuschuss zu den Krankenversicherungsbeiträgen, den Krankenversicherungsgesellschaften wird es verboten, Kunden mit Vorerkrankungen zu benachteiligen.

Die Reform hat viele positive Seiten, angesichts der vielen Zugeständnisse an die Gesundheitskonzerne aber auch etliche negative.

Positiv schlägt zu Buche:

– Bis 2019 werden 32 Millionen Menschen in den Genuss einer Krankenversicherung kommen.

– Die sehr schwachen Einkommensschichten erhalten staatliche Zuschüsse zur Krankenversicherung.

– Die Zahl derer, die Medicaid erhalten, wird um 16 Millionen steigen. Medicaid ist ein Programm, das Arbeitslose mit niedrigem Einkommen krankenversichert, die Zahlungen aus der Arbeitslosenversicherung erhalten und Kinder haben.

– Für viele Vorsorgeleistungen werden die privaten Zuzahlungen abgeschafft.

– Das Gesetz startet zaghafte Versuche einer Reform der Gesundheits- und Versicherungsindustrie; so verbietet es, jemanden wegen bestehender Krankheiten aus der Krankenversicherung auszuschließen oder den Versicherungsschutz zeitlich einzuschränken (auf die Lebenszeit oder aufs Jahr hin gesehen).

– Es enthält einige Bestimmungen zur Verbesserung der Grundversorgung und der kommunalen Gesundheitszentren.

Negativ schlägt zu Buche:

– Zuzahlungen und Eigenbeteiligung werden für die Patienten teurer.

– Die Kosten der Krankenversorgung und Krankenversicherung steigen unkontrolliert.

– Mindestens 23 Millionen US-Amerikaner werden auch 2019 noch unversichert bleiben, mehrere Dutzend Millionen werden stärker unterversichert sein.

– Während die Versicherer von Kranken individuell nicht mehr Geld verlangen können, können sie von bestimmten Altersgruppen bis zum Dreifachen verlangen und in Gebieten, wo die Bevölkerung durchschnittlich größere Gesundheitsprobleme hat oder die Kosten der Krankenversorgung höher sind, mehr Geld verlangen oder auch gar keinen Gesundheitsschutz anbieten.

– Es gibt mehr Bürokratie und mehr Verschwendung.

– Perverse Anreize führen weiterhin zu Überbehandlungen mit unangemessenen und unnötigen Maßnahmen, während Millionen Amerikaner auch dann den Arzt nicht aufsuchen, wenn sie es dringend nötig hätten, weil sie das Geld dazu nicht haben.

Obamas Gesundheitsgesetz bleibt weit unterhalb der notwendigen Gesundheitsreform.

Einige Menschen glauben, die Reform wäre ein Schritt zur Einführung einer Art Medicare für das gesamte Gesundheitswesen. Medicare ist eine öffentliche und bundesstaatliche Krankenversicherung für ältere oder behinderte Bürger. In Wirklichkeit ist die Reform ein Schritt zu mehr Privatisierung im Gesundheitswesen. Über eine Billion Dollar öffentlicher Gelder werden direkt an private Krankenversicherungen geleitet, um den Erwerb unangemessener Heilungspläne zu subventionieren. Die Reform wird mehr Menschen mit unzureichendem Versicherungsschutz lassen, es werden mehr hohe Zuzahlungen nötig, und nicht alle notwendigen Leistungen sind abgedeckt.

Das Grundproblem mit der Gesundheitsversorgung in den USA bleibt, dass sie als Ware behandelt wird, die auf dem Markt eingekauft wird, und nicht als ein Gemeingut für alle. Daran hat sich nichts geändert.

Nur ein individuelles Medicare für das gesamte Gesundheitswesen wird die zahlreichen Probleme in der Gesundheitsversorgung in den USA angehen können.

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