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PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 11/2017
Bundesweite Konferenz in Mannheim
von Heinrich Neuhaus

Am 14.Oktober 2017 fand die nunmehr 4.bundesweite Tagung «Betriebsräte im Visier – Bossing, Mobbing & Co.» im Mannheimer Gewerkschaftshaus statt. Über 100 Teilnehmende aus 30 Orten und sechs Einzelgewerkschaften hatten sich dafür angemeldet.

Wie in den Vorjahren wurde die Konferenz vom Mannheimer Komitee «Solidarität gegen BR-Mobbing!» organisiert, mit maßgeblicher Unterstützung durch die örtliche IG Metall. Zur Tagung mit aufgerufen hatten AKUWILL Oberhausen, Betriebsrat General Electric Mannheim, IG BCE Weinheim, Überbetriebliches Solidaritätskomitee Rhein-Neckar, Ver.di Rhein-Neckar und work-watch Köln.

Aus unterschiedlichen Betrieben und Branchen berichteten Kolleginnen und Kollegen über ihre schockierenden Erfahrungen. Sie belegen die weiter gewachsene Aggressivität gegenüber gewerkschaftlich aktiven Mitgliedern von Interessenvertretungen. Mit sog. Verdachtskündigungen, Bespitzelung und Zersetzung des beruflichen und privaten Umfeldes wird gegen engagierte Betriebsräte vorgegangen. In der Folge kommt es bei Betroffenen oft zu schweren depressiven Erkrankungen und sogar zu Selbstmordversuchen. Nicht zuletzt entstehen existenzbedrohende finanzielle und familiäre Probleme. Diese skandalösen Rechtsbrüche haben Unternehmensleitungen und ihre Helfershelfer in spezialisierten Anwaltskanzleien, Beratungsfirmen und Detekteien zu verantworten.

Auf der Konferenz kam aber nicht nur die Bekämpfung von Betriebsräten und Gewerkschaften in Deutschland an aktuellen Beispielen zur Sprache. Es wurden auch  Möglichkeiten einer erfolgreichen Abwehr des Betriebsratsmobbings aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet.

Klaus Stein, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Mannheim, betonte in seinem Grußwort die Notwendigkeit einer konsequenten Gegenwehr und sicherte Betroffenen wirksame Solidarität zu.

Gerhard Klas von work-watch Köln forderte die Gewerkschaften auf, Opfern von BR-Mobbing unbürokratisch und schnell finanzielle Notlagenunterstützung zu gewähren.

Susanne Kim und Philipp Zysas vom IG-Metall-Vorstand in Frankfurt referierten zum Thema «Organisieren – eine Methode zur Verteidigung unserer Grundrechte im Betrieb gegen Angriffe auf Gewerkschaften?». Eine ihrer zentralen Aussagen war, dass die Bekämpfung von Betriebsräten und Gewerkschaften durch Unternehmen eine «wachsende Gefahr für Demokratie in Betrieb und Gesellschaft» ist.

Dietrich Growe, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Mannheim (Kanzlei Dr.Growe & Kollegen), setzte sich mit der Frage «§119 Betriebsverfassungsgesetz – kein Thema im Arbeitsrecht?» auseinander. Seine Empfehlung für die juristische Bekämpfung des BR-Mobbings lautete:  «Konzernvorstände, Aufsichtsratsmitglieder, Eigentümer, Rechtsanwälte und führende Kanzleipartner in die strafrechtliche Verantwortung nehmen!»

Zum ersten Mal überhaupt wurde eine Bildergeschichte zu Betriebsratsmobbing vorgestellt. Unter dem Titel «Die 10 Schritte zur Beseitigung des Betriebsrats» haben von BR-Mobbing betroffene Kollegen ihre Erlebnisse in beeindruckender Form verarbeitet. Eine Veröffentlichung ist geplant.

Peter Köster von der IG BAU Mühlheim, Essen, Oberhausen skizzierte strategische Perspektiven für eine noch wirksamere Bekämpfung von BR-Mobbing durch Betroffene, Solidaritätskomitees und Gewerkschaften.

 

Konsequente Abwehr ist Pflicht

Die Tagung verabschiedete die Entschließung «Was tun gegen BR-Mobbing!» Darin heißt es unter anderem: «BR-Mobbing gilt offenbar in der Bundesrepublik meist als Kavaliersdelikt. Jedenfalls bleiben die hierfür Verantwortlichen in Unternehmensleitungen und ihre Helfershelfer aus Anwaltskanzleien, Beratungsfirmen, dem Kreis firmenhöriger ‹unabhängiger Betriebsräte› und Detekteien meist straffrei. Jedenfalls nehmen es Verantwortliche in Politik, Justiz, Medien und leider auch in manchen betrieblichen und gewerkschaftlichen Strukturen entweder gar nicht wahr oder spielen es als ‹Einzelfall› herunter.

Tatsache ist aber: Die Be- oder Verhinderung der Wahl von Betriebs- oder Personalräten ist ein Straftatbestand. Die Blockade der gesetzlich festgelegten Aufgaben von gewählten Betriebsratsgremien ist illegal. Das Mobben von Betriebsrats-  und Gewerkschaftsmitgliedern ist kriminell. Es handelt sich hierbei um massive Verletzungen von Grund- und Menschenrechten.

Die konsequente Bekämpfung von BR-Mobbing ist deshalb nicht allein eine Pflicht der Gewerkschaften. Politik, Justiz und Medien sind hier ebenfalls gefordert.» (Der volle Wortlaut der Entschließung ist im Netz zu finden unter http://gegen-br-mobbing.de.)

In einem Jahr, am 13.Oktober 2018, soll die 5.bundesweite Konferenz «Betriebsräte im Visier» in Mannheim stattfinden.

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