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PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 01/2018
Vorläufiger Erfolg gegen RWE
dokumentiert

Pünktlich nach dem UN-Klimagipfel Anfang November in Bonn rasselten im Hambacher Forst wieder die Kettensägen, wurden wieder Bäume gefällt, damit noch mehr Braunkohle aus der Erde geholt werden kann. Noch betraf es nicht das besetzte Waldstück, aber die Polizei ging schon wieder mit Pfefferspray gegen die Waldbesetzer vor. Doch dann kam alles anders. Und das liegt daran, dass der BUND gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln, das RWE die Fortsetzung der Rodungsarbeiten genehmigt hatte, beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster in Revision ging – und damit Erfolg hatte.

Seit 2014 klagt der Bund für Umwelt und Naturschutz gegen den Hauptbetriebsplan des Tagebaus Hambach. Dieser Hauptbetreibsplan endet am 31.Dezember 2017. Der einzigartige Stieleichen-Hainbuchen-Wald ist Heimat seltener geschützter Tierarten wie etwa der Bechsteinfledermaus und fällt deshalb unter die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie der EU. Diese Richtlinie stammt aus dem Jahr 1992 und ist somit um einiges jünger als die grundsätzliche Genehmigung für den Tagebau, die aus den 70er Jahren datiert. Darauf hat sich RWE bislang berufen und erklärt, die Richtlinie habe für den Tagebau im Hambacher Forst keine Geltung. Das Verwaltungsgericht Köln hatte RWE vorgeschlagen zu prüfen, ob die Rodung der noch bestehenden Reste des Hambacher Forstes wirklich nötig seien, um die Braunkohlenpläne des Konzerns zu erfüllen. Darauf wollte sich RWE aber nicht einlassen.

Das OVG Münster verhängte nun Ende November einen vorläufigen Rodungsstopp bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache. Mitte Dezember urteilte es, das Land Nordrhein-Westfalen müsse ein Sachverständigengutachten einholen, das feststellt, ob der Hambacher Forst mit Blick auf die Bechsteinfledermaus die Kriterien für ein Schutzgebiet erfüllt.

RWE kann die Rodungen erst fortsetzen, wenn das Gutachten erstellt ist und im Sinne von RWE ausfällt. Ein solches Gutachten ist aber zeitaufwändig – es müsste bis Ende Februar abgeschlossen sein, weil danach die Rodungssaison vorbei ist. Die Chancen stehen also gut, dass bis Oktober 2018 die Kettensägen im Hambacher Forst schweigen werden. Der Wirtschaftsminister von NRW, Andreas Winkwart (FDP) ist zuständig für die Genehmigung. Da der alte Hauptbetriebsplan Ende des Jahres ausläuft, hat er angekündigt, einen neuen Hauptbetriebsplan zu erteilen, allerdings ohne die Rodungsgenehmigung für den Hambacher Forst.

Damit hat sich wieder ein Zeitfenster geöffnet, den politischen Druck für ein zügiges Kohleausstiegsgesetz zu erhöhen.

 

Goldregen

Das Finance-Magazin, eine Online-Plattform, die zur FAZ-Verlagsgruppe gehört, rechnet vor, wie sich RWE mit dem Ausstieg aus der Kohle eine goldene Nase verdienen kann – mit dem sog. Kapazitätsmarkt nämlich. Auf deutsch heißt das Sicherheitsreserve, ein Modell, das Wirtschaftsminister Gabriel ins Spiel gebracht hat. Das verpflichtet RWE, aber auch die Ex-E.on-Tochter Uniper, alte Kohlekraftwerke als Reservekapazität vorzuhalten, um damit Stromengpässe überbrücken zu können, sollte dies notwendig werden. Dafür würden die Konzerne Geld vom Staat kassieren, ohne auch nur ein Gramm Kohle zu produzieren. Und zwar nicht wenig: Bislang sind erst drei Kohlekraftwerke in der Reserve, dafür bekommen die Konzerne aber in den nächsten vier Jahren schon 1,6 Mrd. Euro!

Hinzu kommt, dass RWE ja auch Gaskraftwerke betreibt, die derzeit zum großen Teil nicht gebraucht werden. Werden die Kohlenmeiler abgestellt, würden die Gaskraftwerke in die Bresche springen. RWE würde also doppelt verdienen.

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