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PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 12/2022

Die Wassertafel Berlin-Brandenburg hat mit Tesla einen harten Gegner – es ist aber nicht der einzige
von Heidemarie Schroeder

Im Südosten Berlins hat vor einem halben Jahr die Gigafactory von Tesla ihre Produktion aufgenommen. Das Tesla-Areal ist Wasserschutzgebiet, so dass das Anlegen von Bohrungen und das Hantieren mit wassergefährdenden Stoffen per Gesetz verboten sind. Eigentlich, denn für Tesla gelten andere Regeln.

Die Region zählt zu den wasserärmsten Deutschlands, die Wasserknappheit wird sich durch die nächsten Ausbaustufen Teslas sowie nachziehende Industrie verschärfen. Da Tesla keine Kreislaufwirtschaft betreibt, wird Abwasser anfallen, dessen Verbleib Probleme mit sich bringen wird.
Tesla verschärft somit die schon bestehenden Probleme um die Quantität und Qualität unseres Trinkwassers. Deshalb entzündete sich hieran der Widerstand von Wasseraktivis­t:innen. Wasser kennt keine Landkreis- und keine Ländergrenzen. Wenn Teslaabwässer im Müggelsee und damit im grössten Reinwassserspeicher Berlins landen, ist das Trinkwasser der Berliner gefährdet. Wenn fehlendes Wasser aus anderen Teilen Brandenburgs beschafft werden muss, wird der dort bestehende Wassermangel verschärft. In diesem Bewusstsein schlossen wir uns zusammen und deshalb gibt es seit eineinhalb Jahren die Wassertafel Berlin-Brandenburg.
Wir haben als Gruppe keine feste Struktur, aber wir haben Wissenschaftler verschiedenster Fachrichtungen in Reichweite, so dass unsere Arbeit auf solidem Wissensfundament steht. Mitglieder unserer Initiative haben bereits in anderen Zusammenhängen Erfolge erzielt (z.B. 660000 Unterschriften gegen die Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe, oder Berlin wurde »Blue Community«), so dass wir als Gesprächspartner ernst genommen werden.
Im Moment unserer Gründung standen die Einwendungen im Genehmigungsverfahren im Vordergrund, die wir zahlreich und inhaltsschwer erhoben haben. Auch wenn es deprimierend war, dass das Genehmigungsverfahren durch die Schaffung von Tatsachen auf dem Baufeld zur Farce degradiert wurde, und auch wenn die »Rechtssicherheit« der Genehmigung wohl nur dank der Einwendungen zustande kam, war diese Arbeit wichtig.
Als der damalige Kanzlerkandidat Armin Laschet das Teslawerk besuchte und Elon Musk die Frage einer Reporterin nach einem Wassermangel mit einem Lachanfall beantwortete, hatten wir, als Berliner Bär und Elon Musk verkleidet, eine Aktion vor dem Brandenburger Tor. Das amüsierte »Does this seem like a desert to you?« Elon Musks nahmen wir zum Anlass für einen gemeinsamen Abend mit Wissenschaftlern und Künstlern, um unsere Themen aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten.
Verschiedene Perspektiven einzunehmen und Grenzen zu überschreiten, ist vom Zeitpunkt unserer Gründung an unser Anliegen, und so solidarisieren wir uns mit Aktiven aus anderen Teilen der Welt wie Chile, Guatemala oder Portugal. In diesen Ländern wird Wasser für den Abbau von Lithium oder Nickel vernutzt und vergiftet und die Menschen so ihrer Lebensgrundlage beraubt. Am Weltwassertag, dem 22.3.2022, demonstrierten wir mit diesen Aktivist:innen am Teslawerk und der Kontakt zu ihnen hält an.

Wir sind am Ball
Am Beispiel Teslas erarbeiteten wir uns das Thema Greenwashing. Der Saal im Berliner Haus der Demokratie und Menschenrechte war gut gefüllt, als der ehemalige Mobilitätsexperte von Greenpeace seinen Vortrag über E-Mobilität hielt.
Mit einer recht spektakulären Aktion vor dem Roten Rathaus forderten wir im Dezember 2021 den Senat auf, Verantwortung zu übernehmen und sich den Themen Wasservergeudung, Grundwassergefährdung und Verunreinigung von Spree und Müggelsee durch die Ansiedlung von Großindustrie im Berliner Südosten zu widmen. Die Umweltsenatorin lud uns als Antwort zu einem Gespräch ein. Wir erinnerten sie daran, dass Berlin 2018 Blue Community geworden ist und damit eine besondere Verantwortung für das Wasser übernommen hat. Wir forderten, bei allen Neubauprojekten – und erst recht bei industriellen Grossprojekten – die Wiederverwendung benutzten Wassers zur Bedingung von Genehmigungen zu machen. Auch die Notwendigkeit und Möglichkeiten von mehr Trinkwasserbrunnen in der Stadt, kostenfreien Toiletten und der Bewässerung von Stadtgrün sprachen wir an.
Im August dieses Jahres lud Tesla uns, dem Druck von Bürgerinitiativen folgend, zu einer Geländebegehung ein. Das Ergebnis war nicht eine Aufweichung unserer Positionen, sondern eher die Bestätigung unserer Ablehnung: Eine Auto- und Batteriefabrik gehört nicht in ein Trinkwasserschutzgebiet!
In einem Gespräch fragten wir den Vorstand des lokalen Wasserverbandes, wie er steigende Bedarfe bei geringerer Grundwasserneubildung decken und industrielle Abwässer entsorgen will, ohne Trinkwasser zu gefährden. Inspektionen vor Ort und Analysen auf der Basis geohydrologischer Fakten zeigen, dass die Prinzipien nachhaltigen Wirtschaftens schon seit langem verletzt werden.
Die Umweltkatastrophe an der Oder gegen Ende des Sommers bestätigte, wie aktuell diese Themen in ganz Brandenburg sind und wie dringend eine politische Intervention ist. Da Politiker:innen sich bisher unfähig zeigen, Änderungen herbeizuführen, die an die Ursachen gehen, illustriert das Fischsterben in der Oder nicht nur die Mühseligkeit unserer Arbeit, sondern auch ihre absolute Notwendigkeit.
Die Themen für unsere Arbeit werden uns also auch in Zukunft gewiss (und leider) nicht ausgehen. Was wir zusammen mit anderen Initiativen und Verbänden bisher erreicht haben, ist eine beginnende Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die Gefährdung unseres Wassers.

Heidemarie Schroeder ist Mitglied in der Bürgerinitiative Grünheide sowie im Verein für Natur und Landschaft in Brandenburg
www.wassertafel.org

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