In Alfter bei Bonn vernetzten sich Aktivist:innen für gerechte Wasserverteilung
von Natalia Riedel
Wasser wird knapper – nicht nur im globalen Süden, sondern zunehmend auch in Deutschland. Rund 300 Menschen aus mehr als zehn Ländern versammelten sich vom 21. bis 23. März an der Alanus-Hochschule zur Konferenz »Wasser.Klima.Gerechtigkeit«, um sich über gerechte Wasserverteilung, lokale Konflikte und globale Perspektiven auszutauschen. Das große Interesse überraschte selbst die Veranstalter:innen.
»Wir wollten einen Raum für Vernetzung und gemeinsame Strategien schaffen«, sagt Mila, Pressesprecherin der Konferenz. »Aber wir haben nicht damit gerechnet, dass das Interesse so groß sein würde.«
Klimaaktivist:innen, Landwirt:innen und Vertreter:innen von NGOs tauschten sich drei Tage lang in Panels und Workshops aus, die eine breite Themenpalette abdeckten – von rechtlichen Grundlagen der EU bis hin zu solidarischer Katastrophenhilfe im Ahrtal und der Sanitärwende, einer kreislauforientierten Sanitärversorgung. Künstlerische Beiträge wie Performances, Lesungen und das Theaterstück »Klimamonologe« machten die emotionale Dimension der Wasserkrise spürbar.
Lokale Kämpfe, globale Bewegung
Ein zentraler Impuls kam vom Umweltingenieur Ruben Castro, der zur Wassergerechtigkeitsbewegung in Kenia und Südafrika forscht. In Nairobi sei eigentlich ausreichend Wasser vorhanden, doch zutiefst ungerecht verteilt. Während sich lokale Eliten und Unternehmen wie Coca-Cola Zugang zu Quellen sicherten, müsse die Mehrheit der Kenianer:innen teuer für Wasserkanister bezahlen. Castro sieht einen Zusammenhang zwischen den lokalen Wasserkrisen: »Weltweit sehen wir den Einfluss kapitalintensiver Konzerne, die sich durch günstigen Zugang zu Wasser enorme Gewinne sichern. Ein Kampf für das Wasser ist ein Kampf gegen den Kapitalismus.«
Diese Verbindung sieht auch Rebekka Schwarzbach von der Umweltgruppe Cottbus. Konzerne entzögen sich den Altlasten ihrer Produktion, um billig davonzukommen. »Den Menschen in unserer Region wird erzählt, dass sie schon bald in den Tagebau-Seen baden können. Doch die Realität sieht anders aus: Niemand von uns wird das mehr erleben.« Sie engagiert sich seit Jahren gegen den Kohlekonzern LEAG, der nun plant, die Tagebaulöcher in der Lausitz mit Wasser zu befüllen, um einer aufwändigen Renaturierung zu entgehen. »Außerdem können wir uns riesige Verdunstungsflächen wie die Tagebauseen angesichts der Klimakrise nicht mehr leisten.«
Karolina vom Bündnis »Tesla den Hahn abdrehen« findet es wichtig, die Verbindung von lokalen Kämpfen aufzuzeigen. »Die Lithiumproduktion ist sehr wasserintensiv. In jedem Tesla, der hier über die Straßen rollt, fehlt dafür Wasser in Chile. Für uns war es von Anfang an wichtig, unseren lokalen Kampf mit anderen Kämpfen zu verbinden, zum Beispiel durch eine Einladung chilenischer Wasseraktivist:innen nach Erkner.«
Wasser für wen?
Auch in Brandenburg wird um Wasser gestritten. In Grünheide wehrt sich die Bürgerinitiative gegen die wasserintensive Tesla-Fabrik, die in einem Trinkwasserschutzgebiet gebaut wurde. »In trockenen Jahren sollen Menschen in der Region nur noch 105 Liter pro Tag verbrauchen dürfen – weniger als der bundesdeutsche Durchschnitt«, erklärt Manu Hoyer von der Initiative einen Plan des Wasserverbands Straußberg Erkner. »Da zeigt, sich wie Bürger:innen für die Industrie zur Kasse gebeten werden.«
Dass Unternehmen wie Coca-Cola, LEAG oder Tesla von langjährigen Wassernutzungsrechten profitieren, während Landwirt:innen bereits mit Entnahmeverboten konfrontiert sind, ist ein Missverhältnis. »Deutschland hat bisher wenig Erfahrung mit Wasserregulierung in Mangelsituationen«, sagt die Politikwissenschaftlerin Inken Behrmann. »Bewegungen müssen hier politischen Druck aufbauen.«
Bewegung im Aufbau
Viele Teilnehmer:innen der Konferenz brachten bereits praktische Erfahrungen mit. Französische Gäste berichteten von erfolgreichen Mobilisierungen gegen die »Mega-Bassines«, die riesigen Wasserspeicher für den Soja- und Maisanbau der Agrarindustrie. In Jänschwalde bei Cottbus konnte der Tagebau 2019 durch eine Klage zeitweise gestoppt werden. Und in Grünheide sprach sich die Bevölkerung bei einer Bürgerbefragung gegen die Erweiterung der Tesla-Fabrik aus – auch wenn die Politik das Votum bislang ignoriert hat.
Die Konferenz machte deutlich: Es braucht eine dauerhafte Aufklärungsarbeit über lokale Wasserprobleme und eine stärkere regionale Vernetzung. »Früher ist die Umweltgruppe in die Dörfer gegangen und hat die Menschen vor Ort gefragt, welche Aktionen sie selbst machen wollen – und sie dann unterstützt«, erzählt Rebekka Schwarzbach.
In diesem Geist planen die Wasseraktivist:innen eine Radtour im Mai 2025: Vom Oderbruch in Brandenburg bis ins niedersächsische Brake wollen sie Landwirt:innen besuchen und das Ernährungssystem besser kennenlernen. In Brake findet anschließend vom 23. bis 25. Mai ein Vernetzungscamp gegen die Weservertiefung und für eine gerechte Landwirtschaft statt. Pressesprecherin Mila ist zufrieden: »Die Bewegung steckt zwar noch in den Anfängen, aber die Konferenz hat gezeigt: Die Welle des Widerstands wächst.«
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