Solidarität statt autoritäre und neoliberale Phantasien von rechts
dokumentiert
Das Netzwerk Polylux gibt es seit dem Jahr 2019. Damals gründeten wir den Verein in Erwartung desaströser Landtagswahlergebnisse in Sachsen, Thüringen und Brandenburg. Wir nahmen schon damals an, dass mit dem fortschreitenden Rechtsdrift die antifaschistische Zivilgesellschaft weiter unter den Kürzungshammer kommen würde. Die Erwartungen haben sich bestätigt. Die Idee, Förderung unabhängig vom staatlichen Zugriff auf unsere ideellen Grundlagen zu organisieren, entstand zeitgleich in Dresden und Berlin.
2019 lagen Jahre rechter Mobilisierungen und gewalttätiger Angriffe auf linke Projekte hinter uns. Vor allem die Ausschreitungen in Chemnitz 2018 hatten gezeigt, dass sich eine unaufhaltbar scheinende rechte Hegemonie entwickelt hat. Über einen Zufall fanden sich dann verschieden Gesprächskreise aus Berlin und Dresden zusammen. Dazu kam eine zündende Idee für den Namen: Den Polylux kennen fast alle, die im Osten zur Schule gegangen sind – es handelt sich dabei um einen Tageslichtprojektor. Der ist in der Lage, durch Licht etwas Kleines zu vergrößern. So richten auch wir den Fokus auf den ländlichen Raum Ostdeutschlands, um die antifaschistische Zivilgesellschaft dort zu stärken und ihre Probleme sichtbar zu machen.
Seitdem sammeln wir Spendengelder von Privatpersonen, möglichst durch monatliche Überweisungen. Die ermöglichen uns, über längere Zeiträume dauerhafte Unterstützung zu organisieren. Seit 2019 haben wir einen kleinen sechsstelligen Betrag an Projekte, Initiativen und Vereine verteilen können, Tendenz nach den Wahlen im Jahr 2024 stark steigend.
Immer wieder müssen wir dabei auch erklären, warum wir keine Spendenquittungen ausstellen können. Das ist tatsächlich bei der Werbung eine Schwäche. Wir sind kein gemeinnütziger Verein. Allerdings hilft uns das, unabhängig zu bleiben. Schon 2018 und 2019 wurden die Vereine Attac und der VVN/BDA mit dem Entzug der Gemeinnützigkeit an den Rand ihrer Existenz gedrängt. Darauf wollen wir uns nicht einlassen. Hinter dieser Auslegung des Gemeinnützigkeitsrechts steht ein rechter Angriff auf unliebsame Vereine. Wer definiert denn, was der »Allgemeinheit« zuträglich ist und was nicht? Wer definiert, wer überhaupt zu dieser »Allgemeinheit« dazu gehört?
In welche Richtung es geht, zeigt sich auch Ende 2023, als der Sächsische Landesrechnungshof feststellt, mehrere vom Freistaat geförderte Projekte seien politisch nicht neutral, ihre Förderung solle eingestellt, Gelder zurückgefordert werden. Es handelte sich um Vereine, die sich in der Arbeit mit Geflüchteten verdient gemacht und die europäische Migrationspolitik kritisiert hatten. Zurecht empörte sich das Netzwerk Tolerantes Sachsen, solcherlei Äußerungen staatlicher Institutionen seien sonst nur aus autoritären Systemen wie dem ungarischen zu hören.
Für Kürzungen braucht es keine AfD
Für Kürzungen, das ist die bittere Erkenntnis der letzten zwanzig Jahre in den ostdeutschen Bundesländern, braucht es keine AfD. Es reichen die strikt konservative Ausrichtung der CDU und deren rigide Sparpolitik. Eine linke Zivilgesellschaft wird damit systematisch kaputt gemacht. Rechte und Neonazis füllen die Lücken, die mangels sozialer, kultureller oder auch medizinischer Angebote, vor allem auf dem Land, entstehen.
Der Trend innerhalb der CDU, auf AfD-Kurs einzuschwenken, könnte diesen Unterschied noch einebnen. So sägte der Bautzener Kreistag in seiner ersten Sitzung nach den Kommunalwahlen direkt den Ausländerbeauftragen des Kreises auf Antrag der AfD ab. Das sächsische Sozialministerium erklärte den Beschluss zwar für unzulässig. Doch die AfD hat auf kommunaler Ebene den Angriff auf die staatlichen Institutionen längst begonnen. Vermutlich wäre der Vorgang unter einer CDU-Führung im Kreistag so nicht passiert, aber als nur noch zweitgrößte Fraktion stimmte die Partei dem Antrag zu.
Was hilft gegen die autoritäre Formierung? Zunächst natürlich finanzielle Sicherheit. Auf Dauer jedoch wird das reine »Zukippen« mit Geld nicht weiterhelfen. Vielerorts fehlen Initiativen, die dieses Geld ausgeben könnten. Zumal die Rechten auf kommunaler Ebene zentrale Stellen besetzen und dann über wesentlich mehr Geld verfügen, als wir jemals haben werden. Letztlich führt kein Weg daran vorbei, diese Positionen von links zurück zu erkämpfen. Das wird allerdings nur gelingen, wenn wir eine Vision davon entwickeln können, wie ein gutes Leben für alle aussehen kann. Die politische Linie von SPD und Grünen hat hier nichts anzubieten.
Drei Aspekte erscheinen uns dabei zentral: 1. politische Bildung – sie ermöglicht politische Teilhabe und Mitbestimmung; damit ist sie ein wichtiges Mittel gegen Resignation und Perspektivlosigkeit; 2. Infrastruktur im ländlichen Raum; 3. gegen das Leistungsdenken – es bestimmt all unsere Lebensbereiche und richtet massiven Schaden an.
Je mehr politische Entscheidungen entlang wirtschaftlicher Leistungskriterien ausgerichtet werden, desto mehr kommen gesellschaftliche Bedürfnisse wie soziale Arbeit, Kultur oder Pflege einfach zu kurz. Denn sie lassen sich nicht in Gewinnmargen bewerten, sondern nur am Lebensglück derjenigen, die ihre Angebote nutzen. Je stärker der neoliberale Leistungswahn auf unser aller Leben zugreift, desto schlechter sieht es für uns alle aus.
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