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PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 12/2024

Versuch der Auslöschung und ethnischen Säuberung
dokumentiert*

Die unbeschreiblichen Schrecken, die sich derzeit in Gaza abspielen, sind Teil einer sorgfältig kalkulierten israelischen Strategie, die als »Generalplan« bekannt ist. Der Plan wurde Ende September vom Forum der Kommandierenden und Soldaten der Reserve ausgearbeitet und vom pensionierten Generalmajor Giora Eiland dem Kabinett Netanyahu vorgelegt. Das Forum ist eine Nichtregierungsorganisation, die sich selbst als Berufsverband bezeichnet und über 1500 Offiziere der Armee zählt.

Der Plan zielt darauf ab, die Realität vor Ort zu verändern und von den 300.000 im Norden des Gazastreifens verbliebenen Palästinensern so viele wie möglich gewaltsam zu vertreiben. Wer sich widersetzt und bleiben will, wird ausgehungert oder getötet. Eiland präsentierte den Plan mit den Worten: »Wir müssen den Bewohnern des nördlichen Gazastreifens mitteilen, dass sie eine Woche Zeit haben, das Gebiet zu evakuieren, das dann zu einer Militärzone wird, in der jede Person ein Ziel darstellt und in die vor allem keine Vorräte mehr gelangen.«
Nachdem sich Netanyahu in einer geschlossenen Sitzung mit dem Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten und Verteidigung der Knesset über die Einzelheiten informiert hatte, erklärte er, der Plan sei »sehr sinnvoll«.
Die Bemühungen, den Generalplan in die Tat umzusetzen, begannen, als der israelische Militärsprecher am 7., 10. und 12.Oktober bekannt gab, dass »Evakuierungsbefehle« für Palästinenser in Städten und Lagern im gesamten Regierungsbezirk Nord-Gaza erlassen worden seien.
Israel belagerte daraufhin den nördlichen Gazastreifen, insbesondere das Flüchtlingslager Dschabaliya. Amnesty International bezeichnete dies als »schreckliche Eskalation der langen Liste von Gräueltaten, die den Menschen im Gebiet nördlich von Wadi Gaza seit Oktober 2023 zugefügt wurden«.
Die israelischen Behörden umzingelten Dschabaliya nicht nur mit Panzern und bombardierten es mit Luftangriffen, sondern blockierten auch schnell die Einfuhr jeglicher humanitärer Hilfe und sendeten damit die Botschaft, dass die Palästinenser entweder den nördlichen Gazastreifen verlassen oder verhungern müssten.

Leere Drohungen aus Washington
Der Einsatz von Hunger als Kriegswaffe war für Netanyahus Unterstützer im Weißen Haus, die den Völkermord enthusiastisch unterstützen, aber auch Gegenreaktionen der amerikanischen Wähler vermeiden wollen, peinlich.
Am 13.Oktober veröffentlichte das Weiße Haus einen Brief, in dem es Netanyahu öffentlich aufforderte, die Hilfe für Gaza zu erhöhen, da sonst Washingtons »fortgesetzte Lieferung von Offensivwaffen« an die israelische Armee gefährdet sei.
In dem Schreiben, das von US-Außenminister Antony Blinken verfasst wurde, wurde darauf hingewiesen, dass die Menge der gelieferten Hilfsgüter seit dem Frühjahr »um mehr als 50 Prozent gesunken« sei und dass die im September gelieferte Menge »die niedrigste aller Monate im vergangenen Jahr« gewesen sei.
Blinken schrieb in dem Brief, Ne­tan­yahu habe ein Zeitfenster von 30 Tagen, um der Forderung nachzukommen, und stellte damit bewusst sicher, dass der israelische Premierminister dies ohne Konsequenzen ignorieren könne. [Israels Parlament hat mittlerweile die Tätigkeit des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästinaflüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) verboten, um die noch verbleibenden Palästinenser von jeglicher Hilfe abzuschneiden.]

Annexion
Auf den Hügeln mit Blick auf Gaza beobachteten israelische Siedler die fallenden Bomben und warten gespannt auf die Gelegenheit, den Streifen erneut zu betreten und das Land und Eigentum der Palästinenser zu beschlagnahmen, die von US-amerikanischen Raketen und Artillerie zerrissen werden.
Zur gleichen Zeit hielten Abgeordnete der regierenden politischen Parteien Israels eine Konferenz ab, um die jüdische Wiederansiedlung auf den Ruinen dessen zu planen, was sie sich bald als entvölkerte Städte und Flüchtlingslager in Gaza erhoffen.
Während die politische und mediale Klasse Israels die Umsetzung des Generalplans feiert, wartet sie nun auf die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten, um die »Grenzen des Gazastreifens« offiziell und endgültig zu ändern.
Dies ist nicht nur ein regionaler Konflikt oder Krieg, sondern ein vorsätzlicher Versuch der Auslöschung und ethnischen Säuberung, der in Echtzeit durchgeführt wird, während die ganze Welt, mit Ausnahme der Widerstandsachse Westasiens, schweigend zusieht.

* Quelle: https://thecradle.co/articles/kill-them-all-israels-extermination-of-palestinians-in-gaza. Die Langfassung ist nachzulesen im Palästina-Blog auf www.sozonline.de.

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