BDA-Präsident unterliegt vor Gericht
von Gerhard Klas
Am 1.12.2022 stellte das Arbeitsgericht in Heidelberg die Unrechtmäßigkeit der fristlosen Kündigung des ehemaligen Betriebsratsvorsitzenden des Dosieranlagenherstellers ProMinent GmbH fest. Die Firma gehört dem Präsident der Bundesverbands der deutschen Arbeitgeber (BDA), Rainer Dulger, zusammen mit seinem Bruder Andreas. Das Komitee »Solidarität gegen BR-Mobbing!« organisierte vor dem Gerichtsgebäude eine Unterstützungsaktion für den Kollegen. Zahlreiche gewerkschaftlich engagierte Aktive zeigten sich im Gerichtsgebäude mit dem gekündigten Betriebsrat solidarisch.
Die gewonnene Kündigungsschutzklage ist immerhin ein Etappensieg. Doch sie ist sicher nicht das letzte Wort im andauernden Konflikt zwischen Teilen des Betriebsrats und der Geschäftsführung. Die Richterin hat in ihrer Urteilsbegründung die langjährige Beschäftigung des fristlos Gekündigten höher gewichtet als die Beleidigungen, die er über soziale Netzwerke gepostet haben soll und die »in einer erhitzten Atmosphäre« getätigt worden seien.
Der ProMinent-Anwalt Kai Golücke hat angekündigt, in Berufung gehen zu wollen. Häufig bedeutet das: Der Arbeitgeber muss auch nach einer verlorenen Kündigungsschutzklage den Gekündigten bis zum abschließenden LAG-Urteil nicht beschäftigen und bezahlen. Unrechtsanwälte spielen gerne damit. Sie wollen Zeit schinden, die betroffenen Kollegen zermürben und finanziell an die Wand drücken. Für viele Betroffene endet die Reise dann beim Arbeitslosengeld II, spricht Hartz IV. In diesem Fall allerdings hat das Gericht ProMinent dazu verurteilt, den ehemaligen Betriebsratsvorsitzenden »bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsrechtsstreits … zu den bisherigen Bedingungen zu beschäftigen«.
Die Geschäftsführung gibt sich trotz des Urteils siegessicher. Am 2.12., nur einen Tag nach dem Gerichtsurteil, konnten die Beschäftigten von ProMinent in einem Aushang lesen: »Wir werden gegen das Urteil des Amtsgerichts Heidelberg natürlich in Berufung gehen, weil wir weiterhin der Auffassung sind, dass wir derartige Vorfälle nicht akzeptieren können, und dass wir uns schützend vor unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stellen müssen. Wir sind zuversichtlich, dass in den weiteren Instanzen zu unseren Gunsten entschieden wird.« Gezeichnet war der Aushang von Andreas Dulger, dem Vorstand der Geschäftsführung.
»Schützend vor unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter«? Fest steht: Der ehemalige Betriebsratsvorsitzende ist nicht der einzige, gegen den die Geschäftsführung vorgeht. Auch andere Betriebsräte, die sich für die Interessen der Beschäftigten einsetzen, etwa beim Thema Arbeitsschutz und Digitalisierung, sind ins Visier geraten. Sie erhalten Abmahnungen und werden laut dem Hamburger Magazin Stern sogar bedroht. Deshalb sind einige Betriebsräte mittlerweile zurückgetreten. Bei vielen ist die Gesundheit stark beeinträchtigt, es gibt Beschäftigte, die seit vielen Wochen, manche seit Monaten krank geschrieben sind.
All das sind deutliche Merkmale von Betriebsratsmobbing, das laut dem Koalitionsvertrag der Ampel künftig schärfer geahndet werden soll. »Die Behinderung der demokratischen Mitbestimmung stufen wir künftig als Offizialdelikt ein«, steht da geschrieben. Sollte die Behinderung von Betriebsräten tatsächlich als Offizialdelikt eingestuft werden, müssten Staatsanwaltschaften selbständig gegen Unternehmer ermitteln, wenn ihnen z.B. ein Fall der Vereitelung oder Manipulation von Betriebsratswahlen, der Behinderung der Gremienarbeit oder der Bevor- oder Benachteiligung von BR-Mitgliedern aufgrund ihrer Funktion bekannt wird.
Bisher war die angekündigte Gesetzesverschärfung auf Regierungsseite vor allem Gegenstand von Festreden des Bundeskanzlers. Konkrete Schritte sind derzeit nicht bekannt. Wäre der §119 BetrVG ein Antragsdelikt, würde womöglich der Arbeitgeberpräsident mit seinem Bruder auf der Anklagebank sitzen.
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